Freitag, 2. Oktober 2015

Freund sind wir ...

… nie geworden.

Er war da, ich musste ihn in irgendeiner Form akzeptieren und er mich.

Er wusste, was ich von ihm hielt - das seine glorreichen Geschichten in der grossen Welt des Finanz- und Versicherungssektors der 80er und 90er Jahren mich keines Wegs beeindruckten - den ich sah, was er wirklich war -  ein emotionsloser und egozentrischer Mensch ohne Rückrad für seine eigene Familie.

Einige behaupten, dass der Verfall mit der Trennung seiner zweiten Frau begann - die ihn mit einem Viagrajunkie betrog und Schmerzen in den Füssen hatte, wenn sie mal keine Highheels anhatte. Letztendlich begann es aber merklich schon früher - als aus einem Glas Rotwein - ein bis zwei Flaschen Rotwein pro Abend wurden - und sich seine Geschichten immer wieder wiederholten.

Es war nicht alleine der Alkohol - der sich in den Monaten von teurem Spitzenweinen in Rotwein aus dem Pappkarton wandelte. Ich denke, er war sich seiner Lebenssituation bewusst - vom grossen Haus auf dem Lande mit Garten und Pool - in eine kleine Mietwohnung von 60 qm - alleine, ohne Freunde, ohne Inhalt, ohne Ansehen - das hatte ihn sein Leben mit 70ig geschenkt.

Am Donnerstag wurde ihm in einer Notoperation das Bein abgenommen - da es nicht mehr durchblutet war. Verursacht wahrscheinlich durch eine geplatzte Arterie, sodass das gesamt Blut in den Bauch- und Nierenraum floss.

Seine Patientenverfügung war klar und deutlich formuliert - und es mussten Andere entscheiden - und letztendlich haben sie entschieden.

Er hat nie verstanden, das es Menschen gab, die ihn brauchten - nicht sein Geld, seine Geschichten - sondern ihn. Ich trauere - nicht um ihn - sondern um diejenige, die mit dem Verlust klarkommen müssen - sie wollten noch so viel.


- Verstorben -

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