„Dein Vater liegt im Krankenhaus – das Herz“ erreichte mich diese Woche die Nachricht, kurz bevor ich in den Flieger stieg.
Im Flieger tat ich etwas, was ich schon lange nicht mehr getan hatte, ich dachte über ihn nach. Mein Vater – für viele Menschen/Kinder ist (oder soll) der Vater die Heldenfigur darstellen. Aber so sehr ich in meinen Erinnerungen kramte, ich fand diese Person nicht in meiner Vergangenheit und auch nicht in meiner Gegenwart.
Ich bin das Jüngste von mehreren Geschwistern – fühlte und lebte schon seit meiner Kindheit in der Welt des „Mitläufers“. Die Rollen meiner Geschwister waren klar strukturiert. Der Erstgeborene war der Kronprinz meines Vater, schlug er doch auch die selber berufliche Laufbahn wie mein Vater ein und das zweitgeborene Kind meiner Eltern wurde zum emotionalen Kronprinzen meiner Mutter gekürt. Die Nachfolgenden suchten sich ihren eigenen Platz in der Gesellschaft/Leben oder bei den Familien der Freunde.
Als Kind sehnte ich mich danach, körperliche Zuneigung von ihm zu erfahren – aber ich kann mich bis heute nicht daran erinnern, dass mein Vater jemals mit mir gespielt hat. Zu sehr war er mit seiner Selbständigkeit und sich beschäftigt. Uns Kindern fehlte es an nichts – der Wohlstand der 70er/80er Jahre hatte auch meine Eltern erreicht und so durfte ich schon in jungen Jahren diverse Länder bereisen.
Bis heute ist mir eine Situation in Erinnerung geblieben (und es ist die einzige!) die viel über unsere Beziehung aussagt. Als wir auf einem der früheren üblichen Dorffeste am Bierzelt standen und er in der Runde mit seinen „Stammtischkumpanen“ stand. Schon leicht alkoholisiert strich er mir über den Kopf und sprach in die Runde „Ist ein Lieber“ und widmete sich wieder seinem Bier.
„Ist ein Lieber“ – das kann man zu einem Rauhaardackel sagen – aber nicht zu seinem eigenem Fleisch & Blut.
Aber ich hege keinen Groll oder keine Wut gegen ihn in mir. So ist er und so habe ich ihn mein Leben lang nur kennen gelernt. Und im Grunde hat er dadurch sogar etwas Gutes in mir in Bewegung gesetzt. Ich wollte nie so werden wie er – so gefühlskalt und abgeklärt.
Und ich glaube, das ist mir bisher sehr gut gelungen.
Freitag, 17. Oktober 2008
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